Gewalt ist eine Lösung by Schubert Stefan

Gewalt ist eine Lösung by Schubert Stefan

Autor:Schubert, Stefan [Schubert, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
ISBN: 9783868830644
Herausgeber: Riva Verlag
veröffentlicht: 2010-02-28T23:00:00+00:00


13.

Halbzeitpause –

Rinnesaufen auf der Reeperbahn

In der Blue Army waren echte Freundschaften entstanden. Es war mehr als eine Zweckgemeinschaft gewaltbereiter Fußballfans. Frank, Paul und ich fühlten uns wie Brüder. Wir wussten häufig, was in dem anderen vorgeht, ohne ein Wort gesprochen zu haben. Wir hatten dieselben Gedanken, dieselben Gefühle und dieselben Ansichten. Es war nicht nur, dass wir regelmäßig zusammen zum Fußball fuhren – wir verbrachten einen Großteil unserer Freizeit miteinander. Doch es war keine geschlossene Gesellschaft. Aus unserer Dreiergruppe wuchs mit der Zeit ein immer größerer Kreis.

Da war Kai. Verheiratet, zwei Kinder, Reihenhaus, Betriebsleiter in einer mittelständischen Druckerei, der sein Ventil im Fußball gefunden hatte. Zu Hause ein gutmütiger, liebenswerter Vater und Ehemann, ließ er sich bei uns nicht zweimal zu einer ordentlichen Schlägerei auffordern.

Jan war Maschinenbauer und begeisterter Mountainbike-Fahrer, Michael gelernter Bundeswehrkoch und Fred in der Torpedoherstellung. Dann gab es da noch Philipp und Thomas, der sein Geld als Kassierer in einem Pornokino verdiente. Und eben ich, der Polizist. Was wir waren, womit wir unser Geld verdienten, spielte in dieser Gruppe keine Rolle. Es gab kein Standesdenken, keine Überheblichkeiten und keine Arroganz. Jeder war akzeptiert, wir alle waren ganz einfach die »Jungs«.

Da war aber nicht nur der »Fußball«. Wir gingen zusammen zum Sport – laufen, boxen, Fitness, Sauna – und wir feierten bei jeder Gelegenheit, auch ohne einen besonderen Grund. Zu jener Zeit fuhren wir am Wochenende häufig nach Hamburg. Es gab seit vielen Jahren eine lockere Hooligan-Verbindung mit den Hamburger Ultras und wir brauchten zu jener Zeit kein Auswärtsspiel der Arminia, um uns einfach mal wieder mit den Hamburger Jungs auf ein Bier zu treffen.

Mit dem ähnlichen Sinn für Humor tranken und feierten wir bei unseren Besuchen im Norden wie die Geisteskranken. So eine Party verließ man kurzzeitig nur für eine schöne Frau oder eine gute Schlägerei. Aber wenn wir wollten, hatten wir tatsächlich auch gute Manieren. Wir konnten durchaus einem alten Mütterchen freundlich die Tür aufhalten – nur einen Moment später waren wir aber auch in der Lage, irgendeinem Fremden die Nase zu brechen. Beide Charaktereigenschaften gehörten zu jener Zeit untrennbar zu unserem Wesen.

So fuhren wir also mal wieder nach Hamburg. 25 Jungs in fünf Autos zum Spiel HSV gegen Schalke 04. Meine Clique beschloss, über Nacht zu bleiben, da wir uns an dem in der Gruppe üblichen Fahrer-Roulette nicht beteiligten wollten. In der Praxis sah das morgens um 6 Uhr, kurz vor der Rückfahrt so aus, dass jeder aufzählen musste, was er grob geschätzt an Drogen und Alkohol zu sich genommen hatte. Im Zweifel war man da nach einer Flasche Wodka und 15 Bieren der Nüchternste – und musste fahren. Auf dieses Spiel wollten wir uns nicht mehr einlassen und blieben aus diesem Grund häufig über Nacht.

Die Hamburger Jungs und die Schalker Hools standen sich seit Jahren verfeindet gegenüber. Allein die Zusammensetzung der einzelnen Gruppierungen erhöhte die bereits bestehende Brisanz. Die Hamburger Ultras und die Blue Army Bielefeld hatten nur deutsche Jungs in ihren Reihen. Nachdem die alte Garde der Schalker Hools – die Gelsen-Szene –



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